AI & Maker Culture

Anfang dieses Jahr hatte ich die Möglichkeit, bei einer Folge des Podcasts des Projekts ZAKKI (Zentrale Anlaufstelle für innovatives Lehren und Lernen interdisziplinärer Kompetenzen der KI) an der Hochschule Magdeburg Stendal (KI Insights) mit dabei zu sein. Gemeinsam mit Peter Kann habe ich dort über Making gesprochen und wie sich die Entwicklungen im Feld künstlicher Intelligenz auf die Maker Bewegung und Kultur auswirken (und umgekehrt). Die Folge gibt es auf Spotify zu hören.

Wir hatten nicht besonders viel Zeit, um im Podcast ausführlich über das Thema zu reden und im Nachgang ist mir aufgefallen, dass ich nicht dazu gekommen bin, einige wichtige Gedanken zu teilen.

Vorweg einer der wichtigsten Punkte. Im Podcast wird über Making vielmehr im Kontext von Lernen und Kompetenzförderung gesprochen, was vor allem auf die Verortung in der Hochschule für angewandte Wissenschaften zurückzuführen ist und das kompetenzorientierte Denken, das dort vorherrscht. Zu kurz kam mein Verständnis von Making in Bildungskontexten (Maker Education):

Unter Maker Education verstehe ich die Transformationen von Selbst- und Weltverhältnissen, die Ausbildung und Umformung von Orientierungen, die beim Making mit Dingen, Diskursen und gemeinschaftlich-sozialen Kontexten untrennbar und konstitutiv verflochten / verwickelt sind. Making zeigt in diesem Sinne exemplarisch auf, wie Bildung medial-materiell-diskursiv gedacht werden kann (und sollte!).

Oder einfacher gesagt: Bei Maker Education verändern sich Sichtweisen und Orientierungen tiefgreifend. Diese Veränderungen sind untrennbar mit dem Selbermachen verwoben – mit dem Tun mit Dingen, dem Austausch von Ideen und dem gemeinsamen Erleben.

Für mich bewegen sich die relevanten Aspekte im Kontext AI & Maker Culture (zur Veranschaulichung) zwischen den technologischen Entwicklungen und Möglichkeiten auf der einen und gesellschaftlichen / sozialen / pädagogischen Überlegungen auf der anderen Seite, wenngleich diese untrennbar miteinander verbunden sind.

1. KI als transformatives Moment digitaler Fabrikation

Künstliche Intelligenz, und dabei spreche ich in diesem Kontext insbesondere von generativen Modellen, hat das Potenzial, digitale Fabrikation vollständig auf den Kopf zu stellen. Der 3D-Drucker der Zukunft, den ich ohne Weiteres per Sprache bediene und ich mein gewünschtes Objekt einfach beschreibe, ist bereits heute umsetzbar. Es ist kaum vorstellbar, wie sich Making & Makerspaces in den kommenden Jahren vor dem Hintergrund dieser neuen Möglichkeiten verändern werden. 3D- und CAD-Dateien können einfach generiert, ko-kreativ angepasst und verändert werden. Schaltpläne für Mikrocomputer und Sensorik können mithilfe von geeigneten Modellen geplant, und in Zukunft sicherlich vollkommen automatisch gebaut werden. Und das ist vermeintlich erst der Anfang dieser Entwicklungen.

2. KI als pädagogischer „Mittler“ beim Making

Daneben hat KI das Potenzial, die Lern- und Bildungsprozesse im Kontext des Makings grundlegend zu transformieren. Sorgfältig entwickelte und angepasste Systeme könnten in der Lage sein, Maker in ihren Prozessen des Erschaffens neuer Dinge zu begleiten, ihnen Ressourcen bereitzustellen und sie dabei zu unterstützen, die teils komplexen Sachverhalte zu begreifen, um die es sich im Kontext des Makings immer wieder dreht. KI wird hier zu einem wesentlichen Akteur in Lernen und Bildung, der ihn mitgestaltet und gleichermaßen verändert. Eine Modellierung Lernender erscheint vor dem Hintergrund der Undurchschaubarkeit und Lebhaftigkeit dieser Gefüge gegenwärtig unmöglich, was das Potenzial des Einsatzes von KI allerdings nicht schmälern muss. Bei der Entwicklung von KI Systemen müssen die vielfältigen unvorhersehbaren Einflussfaktoren im Prozess ganz grundsätzlich mitgedacht werden. Eine Art Modellierung von Unbestimmtheit, vom Ungewissen, wenn man so will.

Der KI Makerspace Assistent, so möchte ich ihn jetzt einfach mal nennen, könnte in Zukunft jederzeit im Makerspace ansprechbar sein, mir bei der Bedienung der Maschinen helfen und mir bei der Realisierung unterschiedlichster Projekte zur Seite stehen. Diese KI wandelt sich gleichermaßen mit in den Prozessen des Makings und ist nur ein Teil eines komplexen Gefüges. Ein KI-System, dem ein umfassendes und fundiertes Lern- und Bildungskonzept zugrunde liegt, das anhand (diverser) pädagogischer und didaktischer Prinzipien entwickelt wurde und entsprechend agiert, könnte enorme Potenziale für informelle sowie formelle Bildung liefern. An dieser Stelle müssen wir allerdings eine kritische Brille aufsetzen, welche die Grenzen der Annäherung von zeitgenössischen KI-Systeme und deren Voreingenommenheiten mit einbezieht. In meinem ersten Blogpost habe ich darüber bereits geschrieben (Funktionen beschreiben die Welt?).

3. KI als Dreh- und Angelpunkt von Bildungsprozessen

Wenn wir uns mit KI auseinandersetzen und in Artikulationsprozessen vielfältige Arten und Weisen finden, diese Technologien einzusetzen, erhält KI einen besonderen Stellenwert für potenzielle Bildungsprozesse, die von dem Prozess des Making angestoßen werden können. Die jeweiligen KI-Systeme werden zu bedeutsamen Aktanten im verflochtenen Prozess der Maker Education. Vielleicht werden wir irritiert, herausgefordert oder sonst in einer Weise angeregt, die uns dazu bringt, unsere Haltungen zu hinterfragen.

Beispielsweise dann, wenn wir über die tiefgreifenden Transformationen durch KI in der Gesellschaft nachdenken und das kritisch in einem Maker Projekt thematisieren, so ist es durchaus möglich, dass hierdurch Bildungsprozesse im Sinne eines transformatorischen Bildungsverständnisses angestoßen werden (können). So rückt bspw. zunehmend die materielle Dimension und etwa damit zusammenhängend die umweltschädlichen Konsequenzen des Einsatzes von KI in den Mittelpunkt. Maker-Projekte müssen sich zwangsläufig mit dieser Dimension der Materialität der Dinge befassen, womit im Idealfall auch eine kritische Auseinandersetzung einhergeht. Vergessen sollten wir außerdem nicht, dass KI-Technologien das Potenzial bergen, Bildung und auch unser Verständnis von Bildung ganz grundlegend zu transformieren und das tun sie bereits. Nicht zuletzt können diese KI-Maker-Projekte wiederum andere irritieren, die damit in Kontakt kommen und somit noch weitreichendere Veränderungen in einem lebhaften Netz des Making bewirken.

Ich habe vor einer Weile eine ganze Reihe an Versuchen in den sozialen Medien gesehen, mit diesen Ideen zu experimentieren. Ein tolles Beispiel habe ich auf einem Instagram-Kanal entdeckt, auf welchem jemand einen Assistenten mit seiner kleinen Werkstatt verbunden hat, um 3D-Druck-Projekte zu planen und 3D-Drucke zu starten. Generative multimodale Modelle können in Kombination mit zahlreichen erweiterten Funktionalitäten bislang undenkbare Anwendungen ermöglichen. Maker überall auf der Welt greifen diese neuen Technologien in den verschiedensten Projekten auf und eröffnen uns (neue) Einblicke in mögliche Zukunftsszenarien künstlicher Intelligenz. Von Woche zu Woche gibt es in diesen Bereichen neue Entwicklungen und auch die hier gezeigten Beispiele werden schon bald wieder veraltet sein.

Spannend und keinesfalls zu vernachlässigen sind Fragen danach, wie nicht nur die Technologie das Making und uns Menschen, sondern auch das Making selbst die Technologie weiter entwickelt, was schon immer grundlegend für die Maker Bewegung war. Projekte wie das RepRap-Projekt haben das bereits früh gezeigt und eine Kaskade an Veränderungen in Verflechtungen aus Menschen, Technologien und Dingen bewirkt.

Das Potenzial generativer KI wird beispielsweise anhand von Text-2-3D-Modellen deutlich, wenngleich diese Technologie rückblickend nur ein einfacher Zwischenschritt gewesen sein wird. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl solcher Modelle, die qualitativ sehr unterschiedliche Ergebnisse erzeugen. Ein Beispiel dafür wäre Genie von Luma AI. Mit solchen Modellen ist es möglich, eine Idee für ein dreidimensionales Objekt mithilfe von Text möglichst treffend zu beschreiben, einige Modelle und Variationen dieser zu generieren, um sie anschließend einfach mit dem 3D-Drucker zu drucken. Überhaupt erst ermöglicht wird diese Anwendung durch ein Zusammenspiel aus Daten (bspw. Millionen von 3D-Modellen mit Textbeschreibungen), Diskursen, Hardware und Menschen. Spannend ist sicherlich auch die Entwicklungstendenz, dass CAD-Dateien und technisch präzise Modelle mithilfe vergleichbarer Modelle erzeugt werden können. Die Anwendungsmöglichkeiten dieser Technologien steigen damit um ein vielfaches und die Implikationen sind kaum abzuschätzen. Künstliche Intelligenz und die Ästhetik von KI-generierten Artefakten erhält somit Einzug in die dreidimensionale und auch haptisch erfahrbare Welt. Hier erleben wir gegenwärtig erste Schritte dieser Technologien, die bereits in Kürze überholt oder gar obsolet sein werden.

Ich bin überaus gespannt, was Maker mit diesen neuen Möglichkeiten anstellen werden und wie sich auch Makerspaces in den kommenden Jahren entwickeln werden. Die ersten AI Makerspaces wurden bereits gegründet und es ist nur eine Frage der Zeit, bis immer mehr solcher Räume auftauchen und immer mehr Menschen die Möglichkeit bekommen, in die Potenziale dieser neuen Technologien einzutauchen, auf neue Weise zu lernen und Bildungsprozesse durchleben. Grundsätzlich werden Makerspaces im Allgemeinen durch diese Entwicklungen transformiert, ob sie nun einen Fokus auf KI legen oder nicht.

Wir sollten unbedingt dran bleiben, mit (und ohne!) KI über KI zu lernen, Grenzen auszuloten, wertebasierte Diskussionen führen und nicht damit aufhören, mit einer kritischen Brille die Welt des Making weiter zu gestalten.


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